Christine Bonvin fühlte, wie sich Müdigkeit in ihr breitmachte. Das Krimifestival konnte ihr für ein paar Minuten egal sein. Sie hatte alles getan, damit es ein Erfolg wurde.
Jetzt gönnte sie sich eine kleine Pause an einem Tisch am Rande der Terrasse des Parktheaters. Nur für einen Augenblick sagte sie sich, nur kurz die Augen schließen, um die Leser und Autoren auszublenden, die ständig mit irgendwelchen Fragen zu ihr kamen.
Sie konzentrierte sich endlich einmal wieder auf sich selber, anstatt auf die Leute, die ständig etwas von ihr wollten, hörte in sich hinein. Ihr Körper meldete sich: Nervenbahn Blase an Hirnzentrum – Blase ist voll! – Empfehle dringendst Entleerung.
Ach Gott, dachte sie, das kann noch warten. Ich ruh mich jetzt ein bisschen aus.
Sie blieb weiterhin still auf ihrem Stuhl sitzen, ihr Kaffee war längst ausgetrunken. Brosamen ihres Sandwichs auf der Tischplatte lockten ein Spatz an, der sie vorsichtig beäugte. Soll er doch, dachte sie. Sie schloss wieder die Augen.
Christine Bonvin lief rasch die Treppe hinunter zu den Toiletten im Foyer des Parktheaters. Sie konnte es sich nicht leisten, später dorthin zu gehen. Ein Vortrag über Rechtsmedizin stand auf dem Programm. Da musste sie hin. Ich nehme die erste WC-Kabine, dann verliere ich nicht zu viel Zeit, dache sie. Erschrocken hielt sie inne, als sie die Frau am Boden neben der WC-Schüssel liegen sah. Es war Ina, Autorin und wie sie Vorstandsmitglied von Krimi Schweiz. War Ina schlecht geworden, war ihr erster Gedanke. Erbrochenes sah Christine Bonvin nicht, doch ein dünnes Rinnsal Blut war aus einem runden Loch auf Inas Stirn geronnen, ein Einschussloch, ganz bestimmt. Mein Gott!, keuchte Christine Bonvin.
Ihr Puls schlug schneller. Das gibt’s doch nicht: Mord an einer Krimi-Autorin? Bei einem Krimi-Festival? Ausgerechnet! Wer war die Person, die Ina getötet hatte?
Sie rief die Nummer 144 an. Kaum war der Anruf zu Ende, stürmten ein Sanitäter und drei Polizisten in die Damentoilette. Unsicher machte Christine machte ein paar Schritte rückwärts und suchte zitternd Halt an einem der Waschbecken neben den WC-Kabinen.
«Das ging aber schnell», sagte sie erstaunt. «Es ist noch keine Minute her, dass ich Sie gerufen habe. Wie ist das möglich?»
«KI», brummte der Sanitäter.
«Aha», sagte Christine Bonvin, die wusste, was künstliche Intelligenz ist.
Der Älteste der Polizisten hatte seinen Blick langsam über die am Boden liegende Ina wandern lassen. Jetzt stand er Christine Bonvin breitbeinig gegenüber.
«Frau Bovin. Wie war Ihr Verhältnis zu der Frau?» Der Ton, in dem er dies sagte, ließ sie vermuten, dass er sie verdächtigte, ihre Autorenkollegin umgebracht zu haben.
«Wir sind … ». Sie stockte. «Wir waren gute Kolleginnen. Zusammen mit anderen haben wir das Krimifestival organisiert. Ich bin für das Administrative und die Finanzen zuständig. Sponsoren und solche Dinge.»
«Verstehe. Und was macht die Pistole in Ihrer Handtasche? Ist das eine Attrappe?»
Verwundert nickte Christine Bonvin. «Ja.» Sie holte die Pistole heraus. «Die brauche ich für meine Lesung am Nachmittag. Aber wie können Sie wissen, dass ich die dabeihabe?»
«KI», antwortete der Polizist lapidar und nahm ihr die Pistole ab.
Ihr blieb der Mund offenstehen, dann fragte sie in einem Ton, als würde sie sich über den Polizisten lustig machen: «KI? So weit sind Sie schon? Das heißt, Sie wissen schon vorher, wann und wo ein Mord passiert.»
Der Polizist nickte.
Mit einem listigen Blick fragte sie: «Und warum verhindern Sie die Morde nicht gleich, wenn Sie doch alles wissen.»
Er schwieg. Dachte, dass es eigentlich an ihm war, Fragen zu stellen und nicht an ihr. Aber so war das mit diesen verflixten Autoren. Die brauchten Stoff für ihre Krimis. Die hatten ja alle keine Ahnung, wie es wirklich läuft.
«Herr …», begann Christine Bonvin zögernd. «Sie haben sich vorher kurz vorgestellt. Wie war schon wieder Ihr Name …?»
«Stieg Larsson.» Bei diesen Worten richtete er die Pistole gegen sie. «KI weiß noch lange nicht alles. Dann wollen wir mal sehen, ob das hier wirklich eine Attrappe ist, Frau Evard. Sie heissen doch Evard, soweit ich das von KI mitbekommen habe. Und ich weiss auch, dass Sie Genusskrimis schreiben. Da passt doch eine Pistole nicht dazu. Und weil das hier eine Attrappe ist, drücke ich jetzt mal ab.»
Christine Bonvin hörte einen Knall und spürte nahezu gleichzeitig, wie dumpf etwas ihren Oberkörper traf. Das war’s dann wohl mit Krimi-Schreiben war ihr letzter Gedanke.
Doch dann öffnete sie vorsichtig die Augen, um ein letztes Mal den azurblauen Himmel anzuschauen. Blinzelte gegen das Sonnenlicht.
Christoph Gasser sah sie grinsend an, hob den Korken vom Boden auf, der sie getroffen hatte.
«Sorry, war nicht Absicht.» Er schenkte ihr Prosecco ein, dann auch in sein Glas und prostete ihr zu. «Auf den Erfolg unseres Krimifestivals»
Als er sie näher betrachtete, musste sich Christoph Gasser ein Lachen verkneifen,
«Was hast du da auf deinem Kleid?»
Auf ihrer Bluse klebte eine weißlich-gelbe Masse, die zu stinken anfing, stellte Christine Bonvin fest. Rasch wischte sie die Vogelscheiße von ihrem Kleid. Dann stand sie energisch auf, froh, den Krimiautor und Mitorganisator des Festivals vor sich zu haben und nicht den Polizisten, der sich einen Spass mit ihr erlaubt hatte, als er behauptet hatte, er sei der berühmte Krimiautor Stieg Larsson.
Diesen Kurzkrimi habe ich nach dem Krimifestival geschrieben. Und nun zu meinen Impressionen vom Festival:
Kurzlesungen und Interviews
Bei den Kurzlesungen am Vormittag habe ich aus meinem neuen Krimi «Mord hinter dem Vorhang» gelesen. Für mich war das eine Premiere. Wir Autorinnen und Autoren hatten nur 10 Minuten Zeit dafür. Ich las aus drei Schlüsselkapiteln in meinem Buch vor. Später bekam ich nicht nur Komplimente für meine Lesung, sondern auch für mein neues T-Shirt, das ich für den Anlass entworfen habe.
Im Foyer des Parkhotels in Grenchen hatte ich zwischendurch Zeit vier spannende Interviews zu führen: mit einer Leserin, mit einer Rechtsmedizinerin, die Krimis schreibt, mit der Filialleiterin von Lüthy Solothurn und einer Buchhändlern von Lüthy Solothurn, und mit einer Autorin und Mitorganisatorin des Anlasses.
Kurzlesungen, Interviews und mehr
Ein Höhepunkt des Festivals war die Verleihung des Schweizer Krimipreises. Dieser Preis würdigt aussergewöhnliche Leistungen im Bereich der Kriminalliteratur und ehrt Autoren, die mit ihren Werken neue Massstäbe setzen.
Beinahe vierzig Jahre lang lief ich Jeden Morgen die alte Simplonstraße in der Altstadt von Brig hoch zur Berufsfachschule. Bis zu meiner Pensionierung unterrichtete ich dort KV-Lernende und Berufsmaturanden. Morgens und abends führte mein Weg am Wegenerplatz mit seinen kleinen Läden vorbei. Das Schaufenster eins Ladens musterte ich beim Vorbeigehen jeweils genau: Das der Buchhandlung & Papeterie Wegenerplatz.
Die kleine Buchhandlung
Ab 1997 führte Daniela Kämpfen dort an der alten Simplonstraße 20 während zweiundzwanzig Jahren das kleine Geschäft im grünen Haus mit dem historisch anmutenden Aushängeschild “Wegenerplatz”. Danach war Schluss. Vor dem Laden stellte sie für jeden etwas aus, Bücher, Bestseller, Flops und Must-Haves für Studierende, Hausfrauen. Im Inneren fanden sich Radiergummis, Schreibhefte, Karten und nochmals Bücher. Alles für den Alltag eines Studierenden, einer Leseratte oder eines Lyrikliebhabers und allen anderen.
gekürztes Interview
Interview in voller Länge
Tukan im Schaufenster
Daniela Kämpfen, schmückte das Schaufenster ihres Buchladens oft auf eine eher unkonventionelle Art. An eine Gestaltung ihres Schaufensters erinnere ich mich besonders. Damals stand links ein kleiner, roter Kühlschrank, in der Mitte saß ein mittelgroßer Tukan auf einem künstlichen Ast, darunter standen grüne Softgetränkflaschen mit einem Tukan auf der Etikette. Künstliche Palmwedel und all das, was ein Dschungelfeeling sonst noch so alles unterstreichen konnte, rundete das Ganze ab. Zuunterst waren sogar Papierservietten und Kissen mit Tukan-Abbildungen zu sehen. Was das alles mit Büchern zu tun hatte, war mir schleierhaft.
Passionsfruchtsaft
Auf einem A4-Blatt neben dem Kühlschrank fand ich des Rätsels Lösung, um was es bei der originellen Inszenierung ging. Lernende des örtlichen Gymnasiums Spiritus Sanctus hatten in einer Abschlussarbeit ein Unternehmen gegründet und ein neues Produkt lanciert: Den Tukan-Drink „Passoias“, auf der Basis von Passionsfruchtsaft. Daniela Kämpfen unterstützte die Schüler, stellte ihnen ihr Schaufenster zur Verfügung, um für den neuen Drink zu werben. Das Schaufenster fiel gewaltig auf, machte Lust den Laden zu betreten, um das Tukangetränk auszuprobieren.
Ich habe damals eine Flasche gekauft und den Drink noch im Laden ex getrunken, es schmeckte wunderbar. Die Flaschen, die ich nach Hause nahm, waren schnell ausgetrunken.
Ob die jungen Leute Erfolg mit ihrem Drink hatten, ob es ihr Unternehmen noch gibt, weiß ich nicht.
Ein sicheres Geschäft
Erfolg hatte Daniela Kämpfen mit ihrem Laden während vielen Jahren. Zweiundzwanzig Jahre lang führt sie die Buchhandlung. Die Kundschaft, Lernende und Lehrkräfte, lief tagtäglich auf dem Weg zu drei Schulen an ihrem Laden vorbei. Ihr Ziel war entweder das Gymnasium, die Berufsfachschule oder die Mittelschule der Klosterfrauen. In Kämpfens Laden kauften die Lernenden ihre Schulbücher, -hefte und was man sonst noch im Unterricht so brauchte. Die Lehrpersonen ihrerseits bestellten Klassensätze von Lehrbüchern und ließen sie sich in die Schulen liefern. Ein sicheres Geschäft. Zu Beginn des Schuljahres gab‘s am Meisten zu tun. Doch das hat sich in den letzten Jahren massiv geändert.
(Bildquelle canal 9)
Die Schulwelt veränderte sich. Mehr und mehr verzichteten Schulen auf gedruckte Lehrbücher, wechselten zu digitalen Lerninhalten. Abgelegt wurden die Arbeitsunterlagen immer weniger in Ordnern.
Zu wenig zum Leben
In den letzten Jahren, in denen ich unterrichtete, führten wir an der Schule Google Classroom ein, eine Internetplattform, bei der Hausaufgaben, Gruppenarbeiten usw. Papierlos bearbeitet werden. Solche und ähnliche Entwicklungen war der Anfang vom Ende des kleinen Ladens am Wegenerplatz. Gegenüber dem Lokalradio rro sagte sie: „Es hat in den ganzen Jahren immer wieder Einbrüche gegeben, wo es auch für mich knapp wurde.” Kleine Läden hätten in der heutigen Zeit des Onlinehandels und der Großverteiler Mühe. Jahrein, jahraus wussten Schüler, dass es an der Ecke im kleinen Bücherladen die Bücher zu kaufen gab, die man brauchte.
Die Situation im Gewerbe sieht für Daniela Kämpfen auch in Zukunft nicht gut aus: “Als Detailhändler, der davon leben muss, wird es schwierig. Das merke ich schon seit Jahren.” Sie mache am Samstag gar nicht auf, da es keine Laufkundschaft gebe, erklärt Kämpfen weiter.
Die Schließung
Die Entwicklung nahm ihren Lauf. Das kleine Geschäft von Daniela Kämpfen brachte ihr nicht mehr genügend ein, dass sie davon hätte leben zu können. Sie musste die Buchhandlung & Papeterie Wegenerplatz nach zwanzig Jahren schließen. Daniela Kämpfen schlug danach neue Wege ein. Sie wanderte aus, aber wo wohin und zu welchem Zweck?
Hör dir die Geschichte von Daniela Kämpfen im Video-Interview an. Du hast die Wahl zwischen einer Kurzversion und einer Version des ganzen Interviews.
Es ist stets ein besonderes Ereignis, wenn ich das erste gedruckte Exemplar in den Händen halte. Voller Neugier betrachte ich dann das Cover, blättere durch die Seiten, spüre das Gewicht der Worte, die ich in monatelanger Arbeit zu Papier gebracht habe: Mein Werk! Ich freue mich und bin stolz, dass ich das geschafft habe.
Nach dem Auspacken der Belegexemplare des Verlags fängt für mich eine andere Art von Arbeit an. Mein Verlag in Deutschland, der Karin Fischer Verlag, ist klein, in der Schweiz nahezu unbekannt. Da muss ich mich selber ins Zeug legen, damit Leserinnen und Leser von meinem neuen Buch erfahren.
Die Buchtaufe
Schon vor Monaten habe ich den Termin für die Buchtaufe organisiert. Sie wird in der ZAP Brig über die Bühne gehen. Am 5. Oktober um 19.30 Uhr geht’s los. Es wird keine gängige Lesung sein. Aus dem neuen Krimi lesen, das tue ich schon. Aber Figuren, Schauplätze und Handlung stelle ich in selbst produzierten Videos vor. Begleitet wird der Anlass durch Musik von Tony und Sämy von der band-remember.
Wenn das Buch erschienen ist, gilt es die Leute über meinen neuen Krimi zu informieren.
Zeitungsartikel
Ein Zeitungsartikel muss her. Deshalb fahre ich nach Visp zu unserer Lokalzeitung, dem Walliser Boten. Nathalie Benelli, die stellvertretende Chefredaktorin, empfängt mich zu einem Interview.
Ich habe mich vorbereitet. In meiner Tasche steckt eine Frageliste mit meinen Antworten. Doch ich brauche sie nicht, denn Frau Benelli stellt mir Fragen, die ich – bis auf eine – nicht erwartet habe. Das Gespräch ist allzu schnell zu Ende. Sie interviewt mich am Schluss noch für einen Kurzbeitrag auf rro, radio rottu oberwallis. Und schon muss sie wieder an ihre Arbeit in der Redaktion.
Den Artikel vorlesen lassen. Laufzeit: 05:35 (Quelle: pomona)
Kurt Schnidrig ist für den rro Literaturblog verantwortlich. Ihn treffe ich zweieinhalb Wochen später im Schlossgarten für ein Interview. Er hat bereits vier Seiten für seinen Blog über meinen Krimi geschrieben und übergibt sie mir. Theorie über Kriminalromane, die ich in meinem Krimi „Mord hinter dem Vorhang“ angewendet habe, trifft auf Details in meinem Werk. Schnidrig ist ein Literaturkenner – ohne Zweifel in jeder Sparte, auch im Krimi-Genre! Wir diskutieren, was wir aus den Seiten für den Literatur-Blog fürs rro-Radio-Interview herausnehmen wollen.
Er schießt ein paar Fotos – auf seinen Wunsch – dort, wo der Krimi spielt, an Originalschauplätzen.
Ich will auch ein Foto, auf dem wir beide drauf sind. Unsere Stimmung ist locker, kollegial. Wir kennen uns von früher. Das war Mitte der 80er Jahre, als ich meine ersten Unterrichtsjahre im Institut St. Ursula erlebte.
Nebst Zeitungsartikel und Radiobeiträgen komme ich um Social Media Posts nicht herum. Ein Bild des Covers auf Facebook, Instagram, LinkedIn, WhatsApp mit etwas Text genügt das?
Video für Social Media
Oder wäre ein kurzes Video nicht besser? Ein Video, in dem ich erkläre, um was es im Krimi geht? Das ist bestimmt informativer als ein simples Cover.
Nur gut, dass ich schon etwas Übung darin habe, mich selber zu filmen. Nicht dass ich besonders fotogen wäre. Nein, nein, das nicht. Aber es wirkt authentischer, wenn man selber im Video zu sehen ist. Ich rede frei ohne abzulesen, denn ich weiss im voraus, was ich sagen möchte. Einen Teleprompter habe ich nicht. Einen Versprecher schneide ich nachher auf dem Handy heraus. Am Computer erfährt das Video „den letzten Schliff“.
Endlich durfte ich wieder laufen. Vergessen war der Unfall der vergangenen Woche, bei dem ich auf der Badematte ausgerutscht war. Meine Beine flogen nur so dahin. Es war ein Vergnügen, wieder so schnell laufen zu können, wie es meine Puste gerade noch zuließ.
Laufstrecke am Yachthafen
Entlang meiner derzeitigen Laufstrecke rund um den Hafen von Porto Rotondo, wo die teuren Yachten vor Anker lagen, gab es normalerweise viel zu sehen, nur jetzt noch nicht. Kaum jemand liess sich zu so früher Stunde auf den Decks der Yachten blicken, doch das würde sich bald ändern.
Einzig ein muskulöser Mann in T-Shirt und Shorts spritzte barfüßig mit einem Schlauch in der Hand eine kleinere Yacht ab. Vermutlich ein Mietobjekt, zu mieten für ein paar hundert Euro pro Tag. Der Angestellte des Yachtvermieters beachtete mich nicht. Er war zu beschäftigt, um mir nachzuschauen. Seine Putzarbeit hinderte ihn allerdings nicht daran, gleichzeitig ein wortreiches Gespräch mit seinem Handy zu führen. Die Sarden waren – wie alle Italiener – telefonino-süchtig.
Der Kurzkrimis vorgelesen von der Autorin / mit Fotos
Traum-Yacht
Ich lief kopfschüttelnd weiter. Gleich würde ich den Yacht-Club erreichen und weiter hinten bei den größeren Schiffen vorbeilaufen. Vorher aber näherte ich mich der luxuriösen Yacht ‚Freedom‘, die von Roberto Cavalli entworfen worden war. Welch ein Traum von einer Yacht, falls man eine Vorliebe für Schwarz hatte. Jedes noch so kleine Detail fügte sich zu einem eindrucksvollen Gesamtkunstwerk. Die Yacht war wie eines seiner Kleider, das er entworfen hatte: einzigartig und perfekt. Auf dem Kai, an dem die Yacht vor Anker lag, lief ich gewöhnlich langsamer, um beim Vorbeilaufen die Yacht zu betrachten.
Plötzlich tat sich etwas auf der ‚Freedom’-Yacht, die schwarz-silberne Plexiglastür beim Eingang glitt zur Seite und eine Frau mit aufgesteckten, blonden Haaren erschien in einem hautengen, gerafften Kleid mit Jaguar-Print. Zu schnell schloss sich die Tür hinter ihr wieder, als dass ich im Vorbeilaufen einen Blick ins Innere der ‚Freedom’ hätte werfen können. Die Frau war es anscheinend gewohnt, alle Blicke auf sich gerichtet zu sehen. Mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung sah ich sie beim Vorbeilaufen an, achtete nur noch auf sie anstatt auf den Boden mit den unebenen Pflastersteinen am Kai vor der Yacht, über den ich lief.
Der Unfall
Im nächsten Augenblick blieb ich mit meinem rechten Joggingschuh an etwas auf dem Boden hängen, stolperte und fiel hin. Meine Knie, meine Handgelenke schrammten über die harten Pflastersteine. Vor Wut stiess ich aus voller Kehle einen gequälten Schrei aus. Benommen blieb ich am Boden liegen, drehte mich nach einer Weile zur Seite und betrachtete meine Wunden an Knien und Händen, die alsbald wie Feuer brannten. So ein Mist! Meine Beine und Arme zitterten. Ob wegen des Schocks oder vor Schmerzen, wusste ich nicht. Ich versuchte aufzustehen, ohne mich mit Händen oder Knien abzustützen. Es gelang mir nicht.
Vom nahen Restaurant her eilte eine stämmige Frau mit umgebundener schwarzer Schürze auf mich zu, eine weiße Stoffserviette in der Hand, die mit etwas gefüllt zu sein schien. Sie half mir aufzustehen, gab mir die Serviette, die sie mit Eiswürfeln gefüllt hatte und bedeutete mir, das Eis sei für meine Verletzungen, damit sie nicht anschwellen würden.
Ich nickte dankend. Noch benommen vom Sturz spürte ich, wie die Schmerzen jetzt so richtig einsetzten. Die Schürfungen an Handgelenken und Knien bluteten. Abwechselnd hielt ich den Serviettenbeutel an die Schrammen. Davon färbte sich die Serviette an immer mehr Stellen rot. Ich war der Frau dankbar für ihre Hilfe, doch das Bündel Eis in der Serviette verursachte auf meinen Wunden nur noch mehr Schmerzen, so dass ich gerne auf das Eis verzichtet hätte. Ihr zuliebe behielt ich die Eisbehandlung bei. Bis ich es nicht mehr aushielt, umständlich mit einer Hand das Taschentuch aus einem der Fächer in meinem Laufgürtel herauszupfte und damit sachte das Blut von meinen Wunden tupfte.
«Grazie» sagte ich zu der Frau, die zufrieden ob ihrem gelungenen Samariter-Dienst zurück zu ihrem Restaurant auf der anderen Seite des Kais zulief.
Antonella Leopardi
Ich warf einen letzten Blick auf die elegante Frau an Deck der Cavalli-Yacht, sie schien sich seit meinem Sturz nicht von der Stelle gerührt zu haben und hatte meinen Unfall bestimmt beobachtet. Mit einem Handzeichen bedeutete sie mir zu ihr auf die Yacht zu kommen. Die Gangway fuhr bis zum schwarzen Teppich vor der Yacht am Kai aus. Mir war noch etwas schwindlig vom Sturz, skeptisch sah ich links und rechts neben der Gangway hinunter ins Meerwasser, während ich auf unsicheren Beinen langsam auf die Frau zuging. Als ich ihr Gesicht aus der Nähe sah, wusste ich sofort, wer sie war: Antonella Leopardi, die italienische Modeschöpferin. Auf einmal schämte ich mich meiner billigen Jogging-Klamotten, die ich schon seit vielen Jahren trug.
Sie erkundigte sich nicht danach, wie ich mich nach dem Sturz fühlte. Das machte mich stutzig. Hatte sie mich nicht deshalb zu sich gebeten, um mich zu verarzten? Dass das nicht der Fall war, wurde mir rasch klar. Enttäuscht erklärte ich ihr, dass irgendetwas vor ihrer Yacht am Pier meinen Sturz verursacht hatte und sie womöglich für meinen Sturz haftbar sein könnte. Denn das, was mich zu Fall gebracht hatte, sei die letzten Tage bestimmt nicht da gewesen, und ich würde die Anlagestelle ihrer Yacht noch genauer untersuchen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Meine Italienischkenntnisse reichten aus, um ihr das alles zu erklären.
Sie setzte ein nichts-sagendes Lächeln auf. Mit ihren bald siebzig Jahren war sie immer noch sehr beeindruckend, nicht schlank, eher schon mager, ja sogar ausgemergelt, aber aufrecht, mit einer königlichen Haltung. Das Gesicht gestrafft, die Lippen vom Botox Spritzen unnatürlich groß.
«Kommen Sie mit», sagte Antonella mit einer überraschend rauchigen Stimme.
Verblüfft sah ich sie an. Die Plexiglastür beim Eingang der Yacht glitt wieder geräuschlos zur Seite. Der Aufenthaltsraum dahinter bot allen Luxus, den man sich vorstellen konnte. Polstermöbel aus cremeweißem Leder, viel Chrome, hinten eine reichbestückte Bar mit Barhockern. Ich blieb stehen, um alles ausführlich zu betrachten, damit ich diesen Anblick nie wieder vergessen würde. Das Gefühl von Unsicherheit in dieser für mich fremden Luxuswelt wich allmählich und ich wandte mich wieder ihr zu.
Das Versteck
Sie kniete neben den Salontisch aus weißem Marmor und drückte auf etwas unter der Tischplatte. Ein rechteckiges Stück des Parkettbodens in der Grösse eines eReaders öffnete sich nahezu geräuschlos und gab den Blick frei auf eine Nummerntastatur. Ein Versteck? Antonella tippte auf sechs verschiedene Nummern, ein Türchen klappte hoch, sie zog ein schwarzes Stoffsäckchen mit einem aufgestickten V heraus, legte es neben sich auf den Fußboden, drückte das Türchen und danach die Bodenplatte nach unten, die augenblicklich einschnappten. Das Versteck war wieder verschlossen. Sie warf einen letzten Blick darauf. Selbst wenn man nach Auffälligkeiten im verschlungenen Parkettmuster suchen würde, hätte man kaum ahnen können, dass sich hier etwas unter dem Boden verbarg.
Langsam erhob sie sich wieder, bemüht, sich die Steifheit ihres gealterten Körpers nicht anmerken zu lassen. Eine Weile sagte sie nichts und musterte mich nur stumm. Dann gab sie sich einen Ruck und öffnete die Kordel des Stoffsäckchens, glitt mit einer Hand hinein, nahm etwas heraus und drückte es mir in die Hand.
Stumm vor Staunen besah ich das Häuflein auf meiner Handfläche. Im gedimmten Schein der Deckenbeleuchtung lagen grüne Steine, so grün wie das Meerwasser an den schönsten Stränden der Costa Smeralda, manche waren mehr als erbsengroß. Sie sahen roh und unbearbeitet aus. Selbst kitschiger, unechter Schmuck im nächstgelegenen Souvenirladen in den Geschäften an der Piazzetta San Marco funkelten mehr.
«Smeraldo»
Ich nickte eifrig. «Si, siamo in costa smeralda»
Sie schüttelte den Kopf.
Die Smaragde
«Ich meine nicht die Küste Nord-Sardiniens. Ich meine die Edelsteine auf Ihrer Hand. Es sind Smaragde. In diesem Säckchen hat es noch mehr. Die Dinger sind echt. Sie sind ein Vermögen wert.»
«Capito. Und warum zeigen Sie mir die Steine?»
«In diesem Säckchen sind Smaragde im Wert von sieben Millionen Euro. Es sind Prachtexemplare. Wenn sie einmal geschliffen und poliert sind, werden sie lupenrein sein.» Ihre Augen funkelten vor Leidenschaft.
«Wow!» Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Meine Hand, auf der die paar Edelsteine lagen, fühlte sich auf einmal an, als würde sie glühen. Rasch gab ich ihr die Smaragde zurück, bevor ich mir die Hand verbrannte. «Warum zeigen Sie mir diese Steine?»
«Sie sind die einzige Person, der ich im Moment traue. Sie müssen mir helfen.»
Verwirrt, aber auch gespannt, sah ich auf ihre aufgespritzten Lippen, dann in ihre dick von Schminke umrandeten Augen. «Sie kennen mich doch gar nicht. Und wie könnte ich Ihnen überhaupt helfen?» Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Frau wie sie, die über ein Milliardenvermögen verfügte, meine Hilfe brauchen könnte. Und noch viel weniger, konnte ich mir vorstellen, was die Edelsteine damit zu tun haben könnten.
Antonella deutete auf meinen Laufgürtel, den ich fürs Joggen immer um die Hüften trug, um Geld, Handy, eine Trinkflasche und ein Taschentuch mitnehmen zu können. «Öffnen Sie den Reißverschluss des größeren Faches an ihrem Gürtel.»
Ich tat, wie sie verlangte und sah sie fragend an.
Der Deal
Rasch warf sie einen schnellen Blick ans hintere Ende des Raumes, doch außer ihr und mir war niemand da. Danach schob sie das Stoffsäckchen mit den Smaragden in das jetzt offene Fach an meinem Laufgürtel, schloss den Reißverschluss wieder und trat abrupt zurück. «Übergeben Sie das Säckchen dem Oberkellner Antonio Rinaldi in Ihrem Hotel.»
«Woher wissen Sie, in welchem Hotel ich wohne?» Es gab wohl nicht viele Hotels im kleinen Ort Porto Rotondo mit einem Oberkellner, der Antonio Rinaldi hieß.
Sie schnaubte leicht und lachte verächtlich. «Ich weiß alles über Sie, Sie kleine Schweizer Autorin, oder soll ich sagen, ich weiß so viel über Sie, wie ich brauche, um das hier organisieren zu können.» Sie deutete auf die Edelsteine, die jetzt in meinem Laufgürtel steckten.
«Wie konnten Sie wissen, dass ich hier vor Ihrer Yacht vorbeilaufen würde? Und außerdem, wie konnten Sie wissen, wie Sie mit mir in Kontakt treten könnten?» Während ich dies sagte, wurde mir bewusst, dass ich bis anhin noch nie beim Joggen gestürzt war. Hatte Sie meinen Sturz arrangiert, um mich auf ihre Yacht zu lotsen? Das war doch absurd.
Sie verzog keine Miene. «Ich habe Sie beobachtet. Von meiner Hotelsuite aus kann ich alles sehen, was am Strand unten geschieht. Sie sind mir aufgefallen.»
Mehr brauchte sie nicht zu sagen, denn ich erinnerte mich wieder, wo die Imperial Suite lag, die sie während der ganzen Saison im Hotel mietete. Der Strandwächter hatte mir gezeigt, wo ihre Suite lag. Auf meine Frage hin, ob die Frau, die ich jeden Tag beim Baden am Strand beobachtete, Antonella Leopardi sei, verneinte er. Er beteuerte, dass die Frau zwar ähnlich aussähe wie Antonella Leopardi, in Wahrheit jedoch eine ganz andere Frau sei. Ich hatte gleich gewusst, dass er log. Welche Berühmtheit würde sonst als Gast in einem Hotel logieren, wenn jeder X-beliebige sie stören könnte, weil die Hotelangestellten nicht den Mund halten konnten.
Das Ansinnen Antonellas schien mir einfach zu bewerkstelligen, machte meiner Ansicht nach aber überhaupt keinen Sinn. «Ich soll die Smaragde nur übergeben, sonst nichts?»
Der Oberkellner
Sie richtete sich zu voller Größe auf. «Wie ich schon sagte. Übergeben Sie Antonio die Smaragde, heute nach dem Abendessen.»
«Wie können Sie sicher sein, dass ich die Smaragde nicht für mich behalte und verkaufe?»
«Sieben Millionen sind für viele Menschen ein Vermögen, ein unerhörtes Kapital, für viele andere wie mich dagegen sind sie eine vergleichsweise unbedeutende Summe. Im Moment brauche ich nur ein sicheres Versteck für die Smaragde. Und das verschaffen Sie mir, wenn Sie sie heute Abend diskret Antonio übergeben. Diskret. Versteht sich natürlich.»
Der smarte Oberkellner schien mir alles andere als sauber zu sein. Hatte er nicht kürzlich mein Trinkgeld für sich behalten, obwohl ich es ihm gegeben hatte, damit er es an die sieben Kellner verteile? Seitdem ging mir Antonios schmierige, herablassende Art zunehmend auf die Nerven. Und ihm sollte ich die Dinger übergeben, die sieben Millionen Wert waren? Das Gefühl, dass mehr hinter der Sache steckte, ließ mich nicht los. «So wie ich Herrn Antonio einschätze, wird er die Steine für sich behalten, ja, ich denke sogar, er wird damit abhauen. So viel hat er als Kellner sein ganzes Leben lang nie verdient.»
«Oh, nein. Das wird er nicht tun. Ich weiß es. Er tut, was ich ihm sage. Nur einmal hat er das nicht getan, als … » Sie verstummte.
«Ich bin Krimiautorin. Ich kenne mich mit Verbrechen aus. Vermutlich hat er etwas gegen Sie in der Hand, das für Sie viel wertvoller ist als diese Edelsteine. Etwas, das Ihnen gefährlich werden könnte.»
«Leider ja», entfuhr es ihr verblüfft. «Hören Sie zu … »
Im Hotelzimmer
Zurück in meinem Hotelzimmer duschte ich und versorgte danach meine wegen des Duschwassers und der Seife wieder brennenden Wunden mit dem Material aus meiner Reiseapotheke. Sie enthielt sogar eine kleine Schere. Wie ich da mit der Mini-Schere ein Stück von der Mullbinde aus der Mini-Apotheke abschnitt, um die sterile Wundauflage an meinem rechten Handgelenk zu fixieren, machte sich ein Gedanke in mir breit, der mir zuerst absurd erschien, der mich dennoch den ganzen Nachmittag nicht mehr losließ.
Antonella hatte mir nicht erklärte, wie sie in den Besitz der Smaragde gekommen war. Die Sache schien mir mehr als dubios. Sollte ich im Austausch gegen ein Versace-Kleid tun, was sie von mir verlangte oder eher das, was ich für richtig hielt? Den Ausschlag gab mir die Gewissheit, dass Antonio ein Gauner war und sich keinen Deut um die Folgen kümmern würde, wenn etwas schief ging. Möglich, dass man mich dann für die Schuldige halten würde.
Ich entschied mich zu handeln und schüttete vorsichtig die Smaragde aus dem schwarzen Stoffsäckchen auf ein Kleenex-Tüchlein. Staunend betrachtete ich das Häuflein. Ein Sonnenstrahl fiel durch die Tür der Zimmer-Veranda und erweckte die Steine zum Leben. Mein Atem stockte kurz. Welch ein funkelndes Vermögen!
Schnell lief ich ins Badezimmer, holte mein Beauty Case, entnahm ihm ein Fläschchen durchsichtigen Nagellacks, ein Briefchen Nähzeug, das ich vor Jahren aus dem Grand Hotel in Hurghada mitgenommen hatte und auf Reisen immer mitführte, und eine volle Packung Hustenbonbons. Aus dem Schrank holte ich den Büstenhalter, den ich am Abend und auf meiner Rückreise tragen wollte, und ging an die Arbeit.
Am Morgen danach
Am nächsten Morgen um sechs Uhr früh fuhr das Taxi für den Transfer zum Flughafen beim Hoteleingang vor. Ich setzte mich auf den Rücksitz. Der Fahrer fuhr los bis zum grün angestrichenen Hotel Tor, hielt an und wartete darauf, dass es sich öffnete. Mein Puls schlug schneller, als ich einen Blick zurück zum Hoteleingang warf, wo in diesem Moment ein wild gestikulierender Mann im schwarzen Anzug zu sehen war, der sich anschickte, das Taxi einzuholen.
Endlich ging das Tor auf, der Taxifahrer fuhr langsam hindurch, beschleunigte danach und ließ das Hotelareal rasch hinter uns immer kleiner werden. Noch mal Glück gehabt, dachte ich, fuhr mit den Fingern über die beiden Körbchen meines BHs, des teuersten, den ich je besitzen würde, und spürte die Edelsteine die ich dort eingenäht hatte.
Zufrieden setzte ich mich aufrechter hin und entnahm einem Fach in meinem Laufgürtel den USB-Stick, den Antonio mir am Abend zuvor im Austausch gegen das schwarze Säckchen mit dem aufgestickten V gegeben hatte, in dem ich die vom Lack glänzenden, grünen Hustenbonbons anstelle der Smaragde gesteckt hatte.
Auf dem Stick prangten die Buchstaben C und S, darob zwei gespannte blaue Segel oder was es sonst darstellen sollte.
Italienisches Schwarzgeld auf einer Schweizer Bank!
War es ein Zufall, dass gerade jetzt, wo die Grossbank UBS die Kunden der von ihr übernommenen CS überprüfte, ein Stick mit Antonella Leopardis Nummernkonto für eine Weile beim Oberkellner versteckt gewesen war? Nur gut, dass ich den Zugangscode herausgefunden hatte, Antonio aber nicht. Mit den Smaragden hatte ich mir ein Vermögen angeeignet und mit dem Stick Zugriff auf ein weit grösseres, das auf Antonellas Nummernkonto bei der CS schlummerte.
Am 24. Mai wird in der ganzen Schweiz vorgelesen – zum sechsten Mal – an vielen Orten und in vielen unterschiedlichen Sprachen. Alle, die Freude am Vorlesen haben, sind eingeladen, Kindern und Jugendlichen vorzulesen und mit einer eigenen Vorleseaktion Lesefreude zu wecken, zu Hause, in der Schule, in der Bibliothek oder sonst wo.
An meinem Wohnort Brig wird zwischen 13.30 Uhr und 16.00 Uhr vorgelesen. In der Mediathek an der Schlossstrasse 30 liest ein Polizist, eine Politikerin, eine Märchenerzählerin und viele andere vor. Für 3- bis 10-Jährige.
Wallis für Anfänger
Da alle, die Freude am Vorlesen haben, eingeladen sind, mitzumachen, bin ich auch dabei. Meine Vorlese-Zielgruppe ist aber eine ganz andere.
Du gehörst dazu: erwachsen, gebildet, offen für Neues, mit einem breiten Interessenspektrum. Ich mache mit und lese Auszüge aus dem Buch «Das Wallis für Anfänger» von Claudia Schnieper, Mythen, Klischees und sanfte Irritationen – eine Entdeckungsreise.
eine Entdeckungsreise
Das Vorlesen öffnet die Tür in die Welt der Literatur, der Fantasie, der Entdeckung neuen Wissens. Ich nehme dich mit auf eine Entdeckungsreise in meine Heimat, ins Wallis, genauer gesagt ins Oberwallis, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Wir schauen dabei in die Vergangenheit und Gegenwart dieses rauen Landstriches im Süden der Schweiz.
wie ich lesen lernte
Zuerst aber erzähle ich dir, wie ich zum Lesen kam. Meine Mutter brachte es mir mit sechs Jahren bei, bevor ich zur Schule ging; einen Kindergarten in unserem kleinen Bergdorf gab es damals nicht. Mit einem alten Lesebuch, das schon ziemlich lädiert aussah, lernte sie mich lesen. Der erste Buchstabe, den ich lernte, war N und das erste Worte auf der ersten Seite das Wort Nuss. Ich sehe das Bild der Nüsse dazu noch heute vor mir.
die erste Bibliothek
Sobald ich Lesen konnte, fing ich an, alles zu lesen, was ich in die Finger kriegen konnte. An unserem damaligen Wohnort wurde eine kleine Bibliothek eröffnet. Ich war begeistert. Bald war ich dort Stammkundin. Die Bibliothekarin legte mit der Zeit Bücher für mich beiseite, die ich in meinem Alter noch nicht hätte lesen dürfen. Mir öffneten sich ungeahnte Welten, die ich ohne Lektüre nie entdeckt hätte.
Ich war überzeugt, alles, was man gelesen hat, formt den Geist, die eigene Bildung, das Wissen. Ich bin noch heute froh, dass ich zur Leseratte wurde. Keine Ahnung, wie viele Bücher es bis heute waren, die ich gelesen habe. Wahrscheinlich würden sie eine Dorfbibliothek füllen.
Diese unzähligen von mir gelesenen Bücher in meinem Kopf, sie haben mir geholfen, Krimis zu schreiben. Meine Fantasie und Kreativität taten das ihre dazu bei, dass ich Geschichten auf Papier bringen konnte, das heisst über die Tastatur auf meinem Schreibtisch natürlich. Ich bin zur Schreibtischtäterin geworden, begehe Morde, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Oder wenn, dann nur von Leserinnen und Lesern.
Was ist der Schweizer Vorlesetag?
Initiiert ist der Schweizer Vorlesetag vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM in Kooperation mit 20 Minuten sowie weiteren Partnerorganisationen. Denn Vorlesen ist die einfachste und wirksamste Form der Leseförderung. Kinder, denen täglich vorgelesen wird, verfügen über einen grösseren Wortschatz und lernen leichter lesen und schreiben als Gleichaltrige ohne Vorleseerfahrung. Sie entwickeln einen positiven Bezug zum Lesen und greifen später mit mehr Freude zu Büchern, Zeitungen oder E-Books und haben somit auch bessere Chancen auf einen erfolgreichen Bildungsweg.
Das Walliserdeutsch ist die eigentliche fünfte Landessprache der Schweiz. Ihre Wurzeln liegen im Mittelalter. Sie wird im Oberwallis zwischen Furka und Pfynwald (Sierre) gesprochen. Es ist aber kein einheitlicher Dialekt. Mehr dazu im Video:
mein Interview mit einem Spezialisten für Walliserdeutsch
Im engen Talkessel des Wallis erhielt sich diese alte europäische Sprache bis in die Gegenwart. Für viele ist sie eine schwer verständliches Deutsch.
Das Gedicht
Das belegt folgende Episode: Mitte-Fraktionschef Philipp Mathias Bregy trug ein Gedicht auf Mundart (Walliserdeutsch) im Nationalratssaal vor – verstanden hatte niemand etwas davon. Damit wurde den Nationalräten klar, warum es keine gute Idee wäre, den Ratsbetrieb auf Dialekt umzustellen.
Das Walliserdeutsch hat sich durch den Einfluss der französisch- und italienischsprachigen Nachbarn im Laufe der Zeit verändert, wurde ein wenig schneller, weicher, melodiöser. Die Auslandwallisern, die vor gut hundert Jahren nach Amerika auszogen, behielten ihre alte Sprache.
Heute sind es gut 80’000 Oberwalliser, die zwischen Siders und Oberwald eine selbständige, auch schriftlich vorliegende Sprache praktizieren. Das Walliserdeutsch nimmt laufend neue Begriffe auf und bleibt daher höchst lebendig.
Besiedlung des Wallis durch die Alemannen:
Schon nach dem Mittag ist Abend
Bis zur Mittagsstunde sagen die Walliser zur Begrüssung «Güäten Taag», nach zwölf Uhr mittags grüsst man mit «Güäten Abend», was in den Ohren von Nichtwallisern etwas exotisch klingt. Dazu gibt es zwei Erklärungstheorien. Die eine besagt, dass es sich vermutlich um den Wunsch handelt, sich auf den näher rückenden Abend zu freuen, wenn die strengere Hälfte des Tages vorüber ist. In einer anderen Version handelt es sich um die subtile Botschaft, dass der Aperitif nähherrückt.
in Fernsehen & Radio
In den letzten Jahren haben die Oberwalliser das Deutschschweizer Fernsehen und das Radio im Sturm erobert, nicht zuletzt dank dem herben Charme ihrer prägnanten Sprache. Das Walliserdeutsch ist melodiös, vertraut und fremdartig zugleich.
Das Walliserdeutsch ist wie das Matterhorn und das Raclette ein Markenzeichen geworden.
Grüezini
Nicht immer werden die Oberwalliser von den Grüezini verstanden (gemeint sind die Bewohner nördlich des Wallis, die Deutschschweizer). Das macht den Oberwallisern Mühe. Doch wer könnte es einem «Üsserschwiizer» oder Grüezeni» ernstlich verdenken, dass er bei Ausdrücken wie Hopschil (Frosch), Langsi und Üstag (Frühling), Pfiffolter (Schmetterling) oder ämbrüüf (hinauf) und ämbri (hinab) die Waffen streckt.
In der Oberwalliser Sprachlandschaft gibt es grosse regionale, so sogar kommunale Unterschiede. So kann es vorkommen, dass es für ein und dasselbe Wort mehrere Ausdrücke gibt, je nach Tal oder Region.
Walliserdeutsch ist nicht gleich Walliserdeutsch. Wie tönt es in welchem Seitental? Und welche Wörter gibt es nur im Wallis? Kannst du die Quizfragen von SRF richtig beantworten?
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Die Serie «Tschugger» erzählt die Geschichte von Bax & Co. Im Spannungsfeld zwischen gemütlicher Langeweile, Dorffest-Charme und Action. Im Zentrum steht eine Zentrale der Walliser Kantonspolizei.
Die Dialekt-Krimi-Serie musste untertitelt werden, weil die Deutschschweizer Zuschauer nicht verstanden, was die Walliser Schauspieler in ihrem exotischen Dialekt von sich gaben. Für «Üsserschwiizer» ist es tatsächlich schwierig, Walliserinnen und Walliser zu verstehen.
Mein Casting für «Tschugger»
Für die zweite Staffel wurde ich am 9. August 2020 per Mail zum Casting eingeladen. Auf der Bühne des Kellertheaters Brig sollte ich verschiedene Rollen spielen, in erster Linie eine Yoga-Stunde für Schwangere leiten. Das Casting dauerte rund 25 Minuten und wurde von Johannes Raphaël Millius und Michael Kyburz (Shining Film) durchgeführt.
Ich musste nichts Spezielles mitbringen oder anziehen. Das Casting wurde für das Produktionsteam aufgezeichnet. Später entschied die Produktionsfirma, wer für einen Recall eingeladen wurde und wer nicht. Die Regie entschied sich bei meiner vorgesehenen Rolle für eine andere Kandidatin. Trotzdem: Das Casting hat mir viel Spass gemacht. Ende August erhielt ich dann die folgende Einladung für eine Statistenrolle:
Radio– zum Reinhören
Im Radio gab es kürzlich einen tollen Beitrag zum Walliserdialekt in der Sendung Mundart / Dialekt-Ratis.
Wie sieht es modisch bei den «Tatort»-Kommissaren aus?
Als modebewusster Mensch wird man beim «Tatort»-Schauen nicht gerade beglückt. Die Kommissare tragen wohl wegen der Wiedererkennbarkeit immer die gleichen Kleidungsstücke. Man traut den Zuschauern anscheinend nicht zu, die Hauptfiguren des «Tatorts» einfach am Gesicht wiederzuerkennen. Viele der Kleider im «Tatort» sind von einer Eintönigkeit, als ob die Verantwortlichen den Kommissaren eine Garderobe mit möglichst wenig Teilen auf den Leib geschneidert hätten. Felix Murot, der LKA-Ermittler aus Wiesbaden, zum Beispiel besitzt anscheinend nur einen einzigen Anzug.
Es hat Tradition, Kommissare oder Privatdetektive für Film- und Fernsehen-Serien immer gleich anzuziehen. Drei Ermittler von früher belegen dies. Sherlock Holmes trug immer Cape und Kappe, Columbo einen zerknautschten Trenchcoat und Magnum Hawaiihemden.
Quelle: SRF
Anhand der Kleider-Ausstattung der Kommissare kann man oft schon erkennen, ob man es eher mit einem feingeistigen oder eher mit einem draufgängerischen Kommissar zu tun hat. Kommissarinnen in Blusen und Kommissare in Anzügen sind eher Kopfmenschen. Und was sind es für Kommissare, die in knittrigen Jacken oder sogar nur in einem T-Shirt herumlaufen und so aussehen, als hätten sie darin geschlafen?
Was sage ich, drei Frauen und ein modebewusster Mann dazu?
Die Kostüme kontrastieren meist genau wie die prinzipiell verschiedenen Charaktere der Zweier-Teams. Max Ballauf in Leder und T-Shirt (links im Bild) wird durch Freddy Schenk in massgeschneiderten Anzügen ergänzt. («Tatort Köln»)
Quelle: ARD
Draufgängerin Lena Odentahl tritt in ihrer schwarzen Lederjacke auf, während Johanna Stern, ihre Kollegin, ihr im knöchellangen Wollmantel in Hellgrau zur Seite eilt. Lederjacken scheinen unentbehrlich für jene Charaktere zu sein, die harte Knochen sind. Lena Odenthal kombiniert gerne Cashmere Pullover zur Lederjacke; ob dies ihr weiches Herz versinnbildlicht? («Tatort Ludwigshafen»)
Quelle: Digialfernsehen
Auffällig, wie selten Jacken oder Mäntel in einer «Tatort-Folge» ausgezogen werden. Nicht einmal im Büro werden diese kaum abgelegt. Man hat das Gefühl, die Ermittler seien allzeit bereit. Während einer «Tatort»-Folge wird die Kleidung nicht allzu oft gewechselt. Immer wieder müssen die Ermittler sich einmal eine Nacht um die Ohren schlagen. Trägt man dann wirklich am nächsten Tag nochmals das gleiche Outfit?
Der schmuddelig-braune Parka von Hauptkommissar Peter Faber («Tatort Dortmund») ist seine zweite Haut. Wie länge hält Fabers Parka noch durch, kann man sich fragen.
Professor Boerne («Tatort Münster») fährt nicht nur luxuriöse Sportwagen, er ist auch stets elegant gekleidet. Seine Fans lieben seine unterhaltsamen Kommentare und seinen unverkennbaren Look: dunkler, massgeschneiderter Anzug, markante Brille.
Fazit: Der Kleiderschrank der «Tatort»-Kommissare sieht wohl gähnend leer aus. Dafür wurden viele der Kommissare zu Stilikonen, wie sie die Zuschauerinnen und Zuschauer lieben. 😊
In der echten Welt haben die wenigsten Menschen ausnahmslos unterschiedliche Sachen im Schrank. Hat man sich für einen eigenen Stil entschieden, kauft man sich immer wieder das Gleiche in ähnlichen Farben.
Wie sieht es in deinem Kleiderschrank aus? Mistest du regelmässig aus? Schreibe einen Kommentar.
Krimis aus Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland oder Island gehen unter die Haut.
Sie sind nicht zimperlich mit Beschreibungen grausamer Gewaltverbrechen. Sie gehen unter die Haut und versetzen die Leser in Angst und Schrecken.
Am Ende dieses Beitrages findest du ein Video.
Nichts für schwache Nerven
Die Leserinnen und Leser dieser Krimis geben offen zu, dass sie es geniessen, möglichst detailliert über Grausamkeiten zu lesen, die den Opfern zugefügt werden. Je blutiger und grausamer die Krimis sind, umso lieber mögen sie sie.
Man kann sich fragen, warum gerade die nordischen Krimis so brutal sind. Manche meinen, das sei wegen der hohen Lebensqualität in den nordischen Staaten. Dagegen lässt sich sagen, dass viele amerikanischen Krimis viel brutaler sind.
Kaputte Helden
Je kaputter der Kommissar, je gebrochener er ist, um so genialer sind seine Methoden, die Morde aufzuklären. Dass es mehrere Morde sein müssen, versteht sich bei skandinavischen Krimis von selbst, denn oft sind es Serientäter, die reihum ihre Opfer suchen, oft in den Reihen der Polizei oder der Täter ist gleich selber ein Polizist.
Wie kommen die Autoren auf solch düstere Ideen? Die nordischen Länder scheinen doch ein Paradies auf Erden zu sein. Sie haben weltweit den besten Lebensstandard, Studien zufolge leben die Einwohner am glücklichsten auf Erden. Lassen sich Verbrechen unter dieser Oberfläche umso schauervoller aufbrechen? Das Böse lauert in diesen Krimis dicht unter der paradiesischen Oberfläche.
idyllische Landschaften
Die idyllischen Landschaften in den nordischen Ländern scheinen anregend auf die Fantasie der Autoren zu wirken, sie scheinen aber auch die Leser zu fesseln. Vor ihrem beschaulichen Hintergrund wirken Verbrechen doppelt düster, ein grausamer Mord noch brutaler, noch erschreckender. Dieser Kontrast erhöht die Faszination für die nordischen Krimis.
beliebte Hauptfiguren
Der Erfolg der nordischen Krimis gründet aber auch auf der Beliebtheit der Kommissare. Es sind besondere Charaktere. Kommissare mit Schwächen und Problemen. Sie leiden, haben Probleme in der Beziehung, sind einsam. Oft verkörpern sie eher den Aussenseiter als den Super-Helden, der alles kann. Je kaputter der Typ ist, um so genialer sind seine Ermittlungsmethoden. Mutig stellt er sich dem Bösen in der Welt entgegen, obwohl er gebrochen vom Schicksal am Ende ist.
psychisch kranke Autoren?
Wer Krimis skandinavischer Autoren liest, hat manchmal das Gefühl, dass nicht nur die Protagonisten im Krimi psychisch krank seien, sondern auch die Autoren selbst. Man bekommt beim Lesen das Gefühl, sie würden sich an den Grausamkeiten, an der masslosen Gewalt erfreuen, die sie beschreiben, Heisst das, dass die Autoren krank sind und die Leser gleich mit?
Nein, die Autoren benutzen Gewalt, um Spannung zu erzeugen. Um zu zeigen, zu was Menschen fähig sind.
Jeder von uns trägt die Fähigkeit zur Grausamkeit in sich. Menschen können völlig unberechenbar sein. Oft sind es die Umstände, die einen Menschen zum Mörder oder zum Opfer machen. Nur kann man schwer voraussagen, wer zum Mörder oder wer zum Opfer wird. Es gibt Menschen, die geniessen die Gewalt, die sie auf andere ausüben.
Ein Krimi darf alles
Leserinnen und Leser von Krimis sind fasziniert vom Bösen und Abgründigen. Es geht um das Erleben von Schauer und Schrecken, indem sie Zeuge eines Verbrechens werden.
Krimis, die ich gelesen habe
Ich mag keine Krimis, die brutal sind. Krimis, in denen mit extrem ausgefeilten Methoden Menschen umgebracht werden. Ich mag auch keine Hauptfigur, die ihr Leben nicht im Griff hat, die alkoholkranke und asozial ist. In der Realität ist Polizeiarbeit immer Teamarbeit. In Wirklichkeit gibt es keine Super-Cops. Es sind Leute wie du und ich, die ihren Job machen. Superhelden gibt es nicht.
Als Krimiautorin habe ich einige skandinavische Krimis gelesen, um einen Eindruck von ihnen zu bekommen. Da ich selber Krimis schreibe, muss ich wissen, wie es auf dem Markt für Krimis aussieht, wie er sich entwickelt. Ich muss mich in meinem Genre auskennen.
Blick in mein Büchergestell
Viele der Krimis sind extrem gut geschrieben
Sie heben sich vom Grossteil der Krimiliteratur ab:
Jo Nesbø
Harry Hole, der Serienheld in Jo Nesbos Krimis, ist für mich zum Beispiel als Figur eher unglaubwürdig. Wenn jemand alkoholkrank ist wie Harry Hole, kann man körperlich unmöglich völlig durchtrainiert sein, um aus nahezu ausweglosen Situationen entkommen zu können. Das geschieht in jedem Roman mehrmals. Das macht aus dem kaputten Menschen Harry Hole einen genialen Superhelden.
YrsaSigurdartottir
Bei Yrsa Sigurdartottir, der isländischen Krimiautorin mag ich, wie sie dem Leser Einblick in die Sorgen und Nöte der Protagonisten gibt. Brutal sind ihre Mordfälle aber auch.
Leif G. W. Persson
Leif PW Persson zeigt die Protagonisten mit all ihren Schwächen, Problemen, ihrer Inkompetenz, ihren Intrigen, ihrer Korruptheit. Eine seiner Serienfiguren, Evard Bäckström, lässt die anderen für sich arbeiten. Er ist klein, dick und primitiv. In der Krimiserie mit dem gleichen Namen in der ARD-Mediathek sieht Bäckström viel besser aus als er im Buch beschrieben wird. Ich denke, damit sollte er für das Fernsehpublikum attraktiver sein.
Skandinavische Krimiautoren, von denen ich Krimis gelesen habe:
Laufzeit 5 Min.
Welche Erfahrungen hast du mit skandinavischen Krimis gemacht?
Jedes Jahr erscheinen 100’000 Bücher auf dem deutschsprachigen Buchmarkt. Auf welchen verschlungenen Pfaden kommen die Bücher zu dir, liebe Leserin, lieber Leser? Was braucht es, damit du ein Buch im Laden kaufen kannst?
Etwas schon mal vorweg: Es braucht viel, sehr viel, bis ein Buch gekauft werden kann, sei es in einem Buchladen oder im Online-Shop.
Interviews, Fakten und Zahlen zur Welt der Bücher
[Eine Frau, die ich interviewt habe, liest vor allem am Swimmingpool. Sie sagt aber nicht, wo denn dieser ist. Ich verrate es hier: Im Sommer betreibt sie mit einer Kollegin zusammen ein Bed & Breakfeast im Piemont. (piazza31) und hat dort Zeit zum Lesen, wenn die Gäste Ausflüge machen.]
DasManuskript ist fertig – was nun?
Fangen wir mal bei der Autorin, dem Autor an. Nehmen wir an, eine Autorin hat ihr Manuskript fertig überarbeitet. Sie schickt es einem Verlag. Vielleicht weiss sie nicht, dass die Verlage – vor allem die grossen Publikumsverlage – von unverlangten Manuskripten überschwemmt werden. Nur 0,0002 % der unverlangt eingesandten Manuskripte werden von einem Verlag angenommen und publiziert. Das hat mit der grossen Anzahl an Autoren und der abnehmenden Zahl an Leserinnen und Lesern zu tun. Immer mehr Freizeitangebote konkurrenzieren die Lesefreudigkeit. An Schulen wird zudem weniger gelesen.
Verlage
Die Publikumsverlage haben die grossen Autoren unter Vertrag. Das garantiert Umsatz. Verlage müssen rentieren, sind aber eher gering profitabel. Sie können sich Flops nicht leisten.
Die Penguin Random House Verlagsgruppe zum Beispiel ist das grösste Verlagshaus und umfasst 40 Verlage. Einer davon, der Blanvalet Verlag, gibt zum Beispiel den Krimi der Schweizer Krimiautorin Christine Brand heraus.
Lektorat
Nehmen wir an, unsere Autorin hat Glück und bekommt einen Verlagsvertrag. Der Lektor des Verlags nimmt die Geschichte der Autorin auseinander. Das Manuskript büsst einen Drittel seines Inhalts ein. Das heisst, unsere Autorin hat gegen hundert Seiten umsonst geschrieben. Doch sie ist froh, dass ihr Buch bei einem renommierten Verlag erscheint.
Jetzt braucht das Buch ein Cover. Der Buchsatz muss erstellt werden. Ein letztes Mal liest die Autorin die Druckfahnen ihres Werkes intensiv durch. Sind noch Fehler enthalten, die dem Lektorat entgangen sind? Danach kann das Buch gedruckt werden. Bereits sind mehrere Monate verstrichen.
Zwischenhandel
Das Buch wird bald den Buchhändlern vorgestellt und in die Buchläden gebracht werden. Doch bis es in den Regalen und Auslagen der Buchläden steht, braucht es Dienstleister für die Verlagsauslieferung. Bei über 90 % der Bücher kommt jetzt der Zwischenhandel ins Spiel. In der Schweiz zeichnet sich das Buchzentrum dafür verantwortlich. Es ist eine Genossenschaft aller Buchhandlungen in der Schweiz. Wenn das Buchzentrum das Buch an Lager nimmt, ist es automatisch in allen Online-Shops gelistet, auch beim Buchzwischenhändler libri in Deutschland.
eBook
7 bis 8 % der verkauften Bücher sind eBooks. Doch das Buch stirbt nicht aus. Kinobesuche und Bücher sind schon oft totgesagt worden und doch gibt es sie immer noch. Das eBook hat die grossen Erwartungen, die es einst auslöste, nicht erfüllt.
Cross-Channel
Es gibt auch Mischformen zwischen stationärem und Online Handel. Kunden können zum Beispiel im Online-Shop eines Buchhändlers das bestellte Buch im Laden abholen. Wenn einem das Buch nicht gefällt, muss man es nicht kaufen. Das ist attraktiver für die Leser als das Buch per Post zurückzuschicken.
Zahlen
2022 erzielte der Deutschschweizer Buchmarkt einen Gesamtumsatz von CHF 575 Mio. Das entspricht einem Rückgang von 1,9 % gegenüber dem Vorjahr. Zirka ein Viertel der Bevölkerung liest häufig, also 13 und mehr Bücher pro Jahr. 60 % sind Frauen, 40 % Männer. Der Durchschnittspreis eines Buches betrug 2022 CHF 22.-, ein Jahr zuvor waren es CHF 21.-.
Buchmarkt-Daten von GfK Entertainment, SBVV Zürich, Februar 2023
Kriminalromane
Krimis sind wie Aperol Spritz für die Wirte: Hohe Marge – mehr Umsatz. Die Nachfrage nach Krimis ist ungebrochen. Nach Ratgeber-Bücher und anderen Romanen stehen Krimis schon an dritter Stelle.
Ich war die Mutter eines Mörders. Wie das kam, erzähle ich dir gleich.
Schon seit einer Weile erfreuen sich KrimiDinner größerer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um eine Art Rollenspiel, bei der alle Anwesenden bestimmte Figuren in einer Geschichte übernehmen und gemeinsam einen Mord lösen müssen, den einer in der Runde begangen hat. Im Freundeskreis macht das viel Spaß.
Laufzeit: 6:22 Minuten
Geburtstagsgeschenk
Zum Geburtstag habe ich meinem Mann einen Gutschein für ein KrimiDinner geschenkt. Das war letzten September. Danach habe ich die Sache vergessen, bis ich Anfang Februar in meinem Terminkalender den Eintrag für das Dinner gesehen habe. Wir sind hingegangen ohne zu wissen, was ein KrimiDinner eigentlich ist oder wie es abläuft. Wir waren hungrig und es verstrich eine Weile, bis es losging. Unversehens erschienen die Schauspieler auf der Bildfläche und legten gleich los. Ich war begeistert. Viele lachten ob den skurrilen Personen, die da auftraten.
Rollenkarte
Schon bald bekam jeder Gast eine Karte mit seiner Rolle. Würde ich eine der verdächtigen Personen sein? Ich las den Text auf der Karte, auf der der Name Trudi von Allmen stand und welche Rolle ich hatte. Ich war eine dominante Mutter eines Sohnes, der ständig Frauen nachhause brachte, die ihr nicht passten. Aha, dachte ich, es war möglich, dass ich meinen Sohn umbringen würde. 😊 Ich war gespannt.
Dinner plus Krimi
Bei einem DinnerKrimi in einem Restaurant erlebt man kulinarische Köstlichkeiten in gemütlicher Runde. Ein paar zwielichtige Personen, die ihr Unwesen treiben und plötzlich gehören Mord und Totschlag dazu. Versüßt wird ein solcher Abend durch eine gehörige Portion Humor und natürlich einem feinen Essen, währenddessen man in eine spannende Mordgeschichte eingebunden wird, bei der man selber zum Detektiv werden kann. Theater und Essen wechseln sich ab, damit man sich jeweils auf den Krimi oder das Essen konzentrieren kann.
Unser KrimiDinner lief unter dem Titel:
«Singles morden selten»
Bei einem Workshop der Partneragentur PP&P (Partneragentur Papp Papp & Partner) lernen Singles von erfahrenen Pärchen, wie sie ihren Beziehungsstatus auf Social Media möglichst schnell ändern können. Doch bald wird klar, dass die ach so «harmonischen Beziehungen» auf wackligen Beinen stehen, denn Marianne, die glücklich verheiratete Expertin für Ehefragen, wird von ihrem Mann Robert ermordet. Der Täter kann sofort in Gewahrsam genommen werden, aber das Morden geht trotzdem munter weiter. Ist Robert doch unschuldig? Der Workshop gerät aus den Fugen und plötzlich können die Singles den Pärchen nicht mehr trauen und umgekehrt.
Alle Gäste waren Teil dieses Workshops und standen selbst unter Mordverdacht. 😊 Am Ende war ich die Mutter eines Mörders. Nie hätte ich gedacht, dass mein lieber Sohn zu so etwas fähig wäre.
Die wenigen Fotos in diesem Beitrag habe ich von unserem Tisch ausgemacht, zeigen aber trotzdem etwas von der Atmosphäre an diesem Abend.
Am 26. Dezember strahlte die ARD einen Tatort aus, der ein KrimiDinner zum Thema hatte. Der Titel dieser speziellen Ausgabe, die in einem Schloss spielt lautet: «Mord unter Misteln» Und kann noch immer in der ARD Mediathek abgerufen werden.
Leitmayr und Batic haben sich von Kalli breitschlagen lassen, an einem Krimidinner im Kreise der Kollegen teilzunehmen – und nun sollen sie als Detective Chief Inspector Francis Lightmyer und als Detective Constable Ivor Partridge den Mörder in einem englischen Herrenhaus finden. Je tiefer die beiden eindringen in das Geflecht aus Geheimnissen und Lügen, das Beckford Hall umgibt, desto mehr begreifen sie: Bei diesem Dinner wird ein doppeltes Spiel mit ihnen gespielt.
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