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WAdS? Wer???

Was sich hinter der Abkürzung WAdS verbirgt, erfuhr ich zufällig auf einer Fahrt mit dem Zug.

Ich gebe zu, ich hatte bis zu dem Zeitpunkt noch nie etwas von WAdS gehört. Es war eine elegante Frau, die mich auf die WAdS aufmerksam gemacht hat, eine Frau, die ich auf Facebook schon gesehen habe, aber nicht näher kannte. Aber der Reihe nach.

Im Winter 2019 saß ich im selben Abteil wie sie im Zug Richtung Goms, Wir sassen uns gegenüber. Annelies Benelli gegenüber.

Ich wusste, dass sie Kunstschaffende war, ihr Bild, das sie für das Buch gemalt hatte, und ihren Namen hatte ich auf dem Cover von Nicolas Eyers Buch „Hinter den Rändern der Welt“ gesehen.

Annelies hatte an dem Tag Langlaufskis dabei und sie trug einen chicen Langlaufdress. Ich sprach sie an. Das Eis war gebrochen. Sie ist eher eine zurückhaltende Person, die von sich selber sagt, sie sei schüchtern. Und doch kamen wir ins Gespräch. Über ihre Kunst, über meinen ersten Krimi, der damals noch nicht lange in den Buchhandlungen zu kaufen war.

Im Gespräch machte sie mich auf die Vereinigung der Walliser Autorinnen und Autoren deutscher Sprache aufmerksam. Da ich schon einen Kriminalroman geschrieben hätte, solle ich doch dem Verein beitreten. Da würde ich sehr gut reinpassen.

Die Mitglieder würden sich einmal im Monat treffen, um bei einem Glas Wein oder Bier die Kameradschaft zu pflegen. Ich traute mich nicht, bei diesem Stammtisch mitzumachen, war ich doch eine kleine, unbekannte Autorin und kannte kaum jemand vom Verein. Dann kam Corona und der Stammtische war nicht mehr möglich. Meine Chance vertan, dachte ich.

Interview mit dem Co-Präsident der WAdS und mit Annelies Benelli, Autorin

Doch ein Jahr später wurde ich Mitglied der WAdS. An der ersten Versammlung lernte ich ein paar der Autorinnen und Autoren kennen. Zu meiner grossen Freude kannte ich schon zwei Mitglieder. Es waren Christine Bonvin und Eyer Nicolas. Beide hatte ich für meine Blogbeiträge im Vohrjahr interviewt.

Das Interview in Siders mit Christine Bonvin habe ich in drei von meinen Blogbeiträgen eingearbeitet:

– Mordmotive, vom28. Juli 2021,

– Du sollst nicht morden, vom 30. Juni 2021 und

– Warum Buch und Film nicht dasselbe sind, am 18. Juni 2021.

Mit Nicolas Eyer habe ich über zwei Themen geredet. Die Blogbeiträge dazu findest du hier:

  • der erste Satz, vom 13. Mai 2021
  • Sex sells?, vom 23. Mai 2021

Aus dem Walliser Boten vom 25. Oktober:

Sex sells?

«Sex sells» ist eine Redewendung aus der Werbebranche. Ein Produkt verkauft sich besser, die Umsätze sind höher, wenn es zusammen mit sexuellen Inhalten präsentiert wird. Gilt das ebenso für Krimis? Wer einen Krimi kauft, kauft ihn mit Sicherheit nicht wegen den darin enthaltenen Sex-Szenen, denn das ist die Domaine der Erotik-Romane.

Sex-Szenen im Krimi

Für meinen ersten Krimi habe ich eine Sexszene geschrieben. Das war nicht einfach. Ich dachte damals, das gehöre in einen Roman hinein. Die Worte flogen mir nicht von selbst zu. Welche Bezeichnungen sind angemessen, welche nicht? Und ähnliche Fragen wälzte ich hin und her.

Nach diesem „Vorspiel“ stand in einer ersten Version folgendes auf Papier zu lesen:

Steinalper erwachte langsam. Er spürte eine zärtliche Hand über seinen Oberkörper wandern. Die Hand bewegte sich auf sein steifes Glied zu, streichelte und rieb es, um plötzlich außerhalb seinem Schaft liegen zu bleiben. Enttäuscht reckte er sich ein wenig und öffnete die Augen. Seine Partnerin Lisa betrachtete ihn verschlafen, die Haare zerzaust, die Wangen noch gerötet vom Schlaf.

«Guten Morgen, könntest du nicht da weitermachen, wo du aufgehört hast? Es war so schön.»

Sie nickte, setzte ihr Streicheln und Lecken fort und drückte sich eng an ihn.

Er genoss ihre Berührungen. Plötzlich konnte er sich nicht mehr beherrschen.

«Bitte, Lisa, lass mich dich lieben, ich kann nicht mehr.»

Sie spreizte ihre Beine, um ihn willkommen zu heißen. Er legte sich auf sie und genoss das Gefühl, ihre Haut auf seiner eigenen zu spüren. Seine rechte Hand streichelte ihre Brüste, liebkoste sie eine nach der anderen. Sein Mund umschloss zuerst ihre rechte Brustwarze, dann die linke.

Auf einmal läutete sein Smartphone.

Das Video wurde sofort nach dem Hochladen tausendfach angeklickt. Vermutlich weil als Intro das sexy Paar auf dem Buch zu sehen war.  Oder weil im Titel das Wort Sex stand? Da sieht man, dass «Sex sells» eben doch stimmt. Ich habe das Intro geändert. Die Klickrate ging  massiv zurück.😊 Laufzeit des Videos:  6:44

Sex-Sprache

Heute weiß ich: Es gibt keine geeignete Sprache für das, was beim Beischlaf abläuft, weder derbe Wörter noch medizinische Fachbegriffe sind angemessen. Und trotzdem ist es im Trend: Immer mehr Autoren beschreiben Sex explizit. Das liest sich eher wie sexuelle Turnübungen.

Sex beginnt im Kopf

Ich bin nicht prüde, aber Sexszenen sind von mir aus gesehen dem Text nicht zuträglich. Das habe ich gelernt. Sex bloß andeuten, das ist besser. Die Phantasie anregen ja. Wenn wir ein Paar beim Sex beobachten, sehen wir es nicht wie Tierchen unterm Mikroskop. Nein, wir fühlen uns in sie hinein. Unser Blut gerät in Wallung. So sind wir Menschen. Wir denken nicht nur an Fortpflanzung.

Und hier die definitive Version aus Band eins:

Edgar Steinalper erwachte langsam. Er spürte eine zärtliche Hand über seinen Oberkörper wandern. Die Hand bewegte sich tiefer. Er reckte sich ein wenig und öffnete die Augen. Seine Lebenspartnerin Lisa schaute ihn aus verschlafenen Augen an, die Haar zerzaust, die Wangen noch gerötet vom Schlaf.

«Guten Morgen.»

Sie gähnte und setzte ihr Streicheln fort. Er genoss ihre wohltuende Nähe. Eine vorwitzige Strähne ihres schwarzen Haares kitzelte ihn an der Nase.

Das zärtliche Spiel wurde abrupt abgebrochen, als sein Handy läutete.

Welche Version gefällt dir besser?

Die Meinung von Autoren

Ich habe drei Autoren und eine Autorin gefragt: Was denkst du über Sex in Romanen, im Speziellen in Krimis?

Anton Riva

«Wer etwas über Sex lesen will, kauft sicher nicht einen Kriminalroman.»

Conny Giammarresi

«Ich bin da sehr offen. Wir haben alle Sex, aber niemand will darüber reden.»

Charles-Louis Joris

«Das gehört alles dazu. Wegen Sex geschehen viele Verbrechen.»

Nicolas Eyer

«Das hängt von der Story ab. Ich würde es nicht als Verkaufsargument in meine Stories einflechten.»

Am Ende unseres Lebens haben wir im Schnitt 48 Tage lang Beischlaf mit allem Drum und Dran gehabt. Das ist fast schon eine homöopathische Dosis bei einer Lebenserwartung von 81,5 Jahren (Männer) und 85,3 Jahren (Frauen). Soll ein Roman eine Prise in derselben Dosierung enthalten? Was meinst du?

Der erste Satz

Es war einmal …

So beginnen die Märchen der Gebrüder Grimm, auch wenn nur knapp die Hälfte tatsächlich mit diesen Worten anfangen. Das ist zwar nicht sehr originell, aber dafür jedem bekannt. Kein Roman beginnt heute auf diese Weise. Du würdest das Buch nicht ernst neben und sofort wieder weglegen, ein Märchen willst du bestimmt nicht. Nein, du willst dich mit einem Buch vom Alltagsgrau ablenken, in eine andere Welt eintauchen, dich spannend unterhalten.

Der erste Satz aus vier verschiedenen Werken, von Autoren vorgelesen.

Und wie die Geschichte weitergeht.

Laufzeit 6:07

Der erste Satz

Das Besondere am ersten Satz ist, dass er am Anfang steht. Für die Leserinnen und Leser geht es mit dem ersten Satz los. Sie fragen sich, ob die Geschichte erzählenswert ist, ob sie das Buch kaufen sollen oder nicht. Mit dem ersten Satz will eine Autorin, ein Autor die Leser fesseln und zur Lektüre verführen. Eine Autorin muss den Satz so schreiben, dass, wer immer ihn liest, auch den zweiten lesen will. Und dann den dritten …

Inkubationszeit

Dem ersten Satz gehen manchmal Monate der Inkubationszeit und zahllose Fehlversuche voraus.

Die Initialzündung kann wie ein Blitz einschlagen wie bei mir einmal beim Joggen. Aus heiterem Himmel flogen mir die ersten Worte für meinen zweiten Krimi zu:

«Vorsichtig trat sie aus dem Gebüsch, bückte sich leicht, legte an und drückte ab.»

Bis dahin habe ich verschiedene Versionen ausprobiert, die mich nicht überzeugt haben.

Erwartungen

Was erwarten Leser von der Geschichte, wenn sie diesen Satz lesen? Dazu habe ich drei Autoren und eine Autorin interviewt, die meinen zweiten Krimi noch nicht gelesen haben. Sie bekamen nur den ersten Satz zu Gesicht. Den habe ich auf einem separaten Blatt ins Buch hineingelegt. 😊

Der erste Satz aus drei verschiedenen Werken

Drei Autoren lesen den ersten Satz aus einem ihrer Werke vor, und erzählen, wie es mit der Geschichte weitergeht.

Eyer Nicolas liest den ersten Satz aus seinem neuesten Buch: «Hinter den Rändern der Welt»

Anton Riva liest aus seinem Kriminalroman «Dreiecke auf der Haut»

Conny Giammarresi hatte ihr Buch leider nicht dabei. Schade. «In meinem Wunderland»

Charles-Louis Joris liest die kriminelle Geschichte «Der Göttigbub» aus dem Buch «Tatort Schweiz»