Evelines Reich

Eveline Imoberdorf – die Frau mit der Mähne

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte die Zeit zurückspulen, um einzelne Erinnerungen aufzufrischen. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reisen, um etwas noch einmal zu erleben. Wäre dies möglich, dann möchte ich einmal zurück ins Jahr 1984 reisen, zum 20. August um genau zu sein. An dem Tag bin ich Eveline Imoberdorf zum ersten Mal begegnet.

Mittelschulen

Ich lief zur Mittelschule St. Ursula in Brig hoch, meiner ersten Arbeitsstelle im Wallis, wir hatten Lehrerkonferenz. Stundenplan-Übergabe, Instruktionen, Ratschlage und dergleichen. Danach wusste ich: Ich brauchte eine Menge Schulbücher und ein Lehrerheft. Auf dem Rückweg kehrte ich im kleinen Buchladen am Wegenerplatz ein. Mir schien es naheliegend, dort meine Schulbücher einzukaufen, lag der Laden doch genau auf meinem künftigen Arbeitsweg, den ich noch tausende Mal unter die Füße nehmen würde.

Schild des Buchladens

Der Laden

Der Ladenbesitzer, ein schon etwas älterer Mann, verwies mich an seine Angestellte, eine junge Frau mit beachtlicher Lockenpracht. Damals, in den 80er Jahren ging nichts ohne das Volumenwunder Dauerwelle. Evelines Haare hatten das nicht nötig, das sah ich sofort. Dass sie ihre Haare heute noch so trägt, gehört für mich zu ihrem Markenzeichen.

Unten: Oberes Bild: Farrah Fawcett in den 80er Jahren, unteres Bild: Eveline Imoberdorf heute.

Der Laden, in dem sie ihre Lehre gemacht hatte und in dem sie danach weitergearbeitet hatte, war klein und eng. Nach Unterrichtsende drängten die jungen Leute in den Laden, um Bücher, Hefte, Ordnerblätter oder Etuis zu kaufen. Schnell fand ich heraus, wann die Schüler nicht im Laden anzutreffen waren, um dann in Ruhe einkaufen zu können.

Interwies

Verkaufsgespräch

Über die Jahre sah ich Eveline immer wieder, wenn ich etwas für die Schule kaufen wollte. Später waren wir ein Experten-Team. Wir nahmen gemeinsam Lehrabschlussprüfungen für Lernende der Verkaufslehre ab. Ich spielte die Rolle einer anspruchsvollen Kundin. In einem simulierten Verkaufsgespräch mussten die Prüflinge beweisen, was sie gelernt hatten. Praxisnah, im Lehrgeschäft. Eveline und ich reisten zu den verschiedensten Papeterie-Läden oder Buchläden mit Papeterie. Von Leukerbad, über Zermatt oder Visp, einfach dort, wo die Lernenden arbeiteten, ihre Lehre absolviert hatten.

Branchenkunde

Eveline ihrerseits stellte Fragen zur Branchenkunde. Die Lernenden mussten Einiges wissen, z.B. über die verschiedenen Arten von Papier, Kuverts, Füllfederhalter usw. Ich selber staunte immer wieder, wie detailliert die Prüflinge Bescheid wussten. Ich nahm an, dass sie das alles im Branchenkunde-Unterricht gelernt hatten.

Die Fächer Verkaufskunde und Branchenkunde, wie ich sie gekannt habe, gibt es heute nicht mehr. Die Verkaufslehre wurde reformiert. Die Abschlussprüfungen für Verkaufspersonal laufen dementsprechend heute anders ab. Eveline erklärt dies im Video.

Leiterin der Regionalbibliothek

Eveline Imoberdorf geht die Regalreihen entlang, knipst die Lampen an. Aufmerksam, bisweilen beinahe zärtlich schweift ihr Blick über die Bücher, die dicht an dicht auf den Regalen stehen. Sie ist Leiterin der Regionalbibliothek Obergoms. Seit dem Jahr 1998 führt sie die Bibliothek, die sieben Jahre zuvor aus einer Zusammenarbeit der zwölf ehemaligen Gemeinden von Oberwald bis Niederwald, sowie der Orientierungsschule Münster entstanden ist.

Bild: Pomona

Die Technologie

Immer neue Technologien stellen die Bibliothek vor Herausforderungen. Die Bibliotheken werden durch immer neue Technologien gefordert. E-Books, Apps und Google Books stellen eine ernstzunehmende Konkurrenz für Bibliotheken dar. Die Menschen richten sich zunehmend digital und visuell aus, sagt Eveline Imoberdorf. Trotzdem konnte die Regionalbibliothek Obergoms ihre Ausleihzahlen in den letzten Jahren steigern.

Die Bibliothekarin

Die Menschen hätten ein ganz klares Bild im Kopf, wenn sie an den Beruf der Bibliothekarin denken, sagt Eveline Imoberdorf. «Sie denken oft, wir sitzen den ganzen Tag am Empfang, verleihen Bücher und kassieren ab und zu eine Mahngebühr. Doch das entspricht nicht der Realität.»

Hintergrundarbeit.

Sie verbringe nur ein paar wenige Stunden in der Woche mit dem Verleih, dafür sind fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. Eveline Imoberdorf beschäftigt sich hauptsächlich mit der Medienrecherche, also mit der Frage, welche Medien aktuell gefragt sind, mit Planungsarbeiten für Anlässe, steht im Austausch mit anderen Bibliotheken.

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